Die Grundlage von Elternarbeit ist im Achten Buch (SGB VIII) in den §§ 27, 34, 36 und 37 gesetzlich festgelegt: Eltern haben einen Anspruch auf Beratung und Unterstützung, insbesondere dann, wenn das Kind bzw. der Jugendliche nicht in seiner Herkunftsfamilie leben kann. Die Erziehungsbedingungen sind in einem angemessenen Zeitraum so zu verbessern, dass die Eltern die Kinder/Jugendlichen wieder selbst erziehen können.
Eltern, Kinder und Jugendliche erleben die Unterbringung als bedrohlichen, ordnungsrechtlichen Eingriff – die Trennung wird meist als traumatisches Erlebnis empfunden. Uns als MitarbeiterInnen der Jugendhilfe kommt hier die Aufgabe zu, sich mit den Eltern auseinanderzusetzen, sie an der Erziehung der Kinder im Alltag im möglichen Rahmen zu beteiligen: Dies geschieht individuell und wird bereits im Aufnahmegespräch thematisiert und fest geschrieben. Hier wird mit den Eltern besprochen, wo ihre Ressourcen liegen und wie diese genutzt werden können. Die sorgeberechtigten Eltern müssen in ihrer Verantwortung belassen werden, damit zum einen die Loyalitätskonflikte der Kinder gegenüber ihren Eltern verringert werden. Zum anderen brauchen die Kinder eine realitätsgerechte Einschätzung der Eltern, um eigene Schuldgefühle abbauen zu können. Daneben bietet sich so auch die Möglichkeit der realitätsorientierten Auseinandersetzung mit den idealisierten Bildern der Eltern, die zu ansonsten zu einer unerfüllten Sehnsucht der Kinder führen würden. Während der Adoleszenz müssen die Kinder sich, auch wenn sie von ihren Eltern getrennt leben, von diesen ablösen können.
Für uns als MitarbeiterInnen bedeutet dies konkret, dass wir Elternarbeit als Erweiterung unseres Handlungsfeldes sehen. Wir zeigen Respekt vor der Lebensgeschichte und den bisherigen Lösungsversuchen der Familien und nutzen deren Wissen und Erfahrungen. Hilfreich sind hier regelmäßige Reflexionsgespräche mit den Beteiligten oder auch externe Therapie, in der die alten Rollenzuweisungen und -erwartungen der Familie korrigiert werden können. Daneben bieten wir begleitete Elternkontakte an, in denen die Eltern je nach Bedarf Anleitung und Unterstützung erfahren. Außerdem besteht insbesondere für Eltern mit einem langen Anfahrtsweg die Möglichkeit in gesonderten Räumlichkeiten der Einrichtung zu übernachten. Die MitarbeiterInnen qualifizieren sich z. B. in Methoden der Elternarbeit, der Gesprächsführung, sowie der Genogrammarbeit.
Elternarbeit kann auch Trauerarbeit bedeuten. Insbesondere bei den hier lebenden unbegleiteten Flüchtlingskindern bedeutet dies z. B. ihre erlebten Traumatisierungen zu bewältigen (Kriegserlebnisse, Gewalterlebnisse, Umgang mit Tod) bzw. Kontakt zu darauf spezialisierten Beratungsstellen aufzunehmen.
Es ist Aufgabe der MitarbeiterInnen, die Problematik der Entwurzelung hinsichtlich der fehlenden Identifikation und der fehlenden Orientierung auch auf Grund der kulturellen Unterschiede bei diesen Kindern und Jugendlichen aufzuarbeiten bzw. hierauf auch wiederum spezialisierte Beratungsstellen einzuschalten.